14. Tag

8. Juni 1998 Rättvik 0 Km

Das Wetter war immer noch nicht besser geworden. So beschloß ich dann noch einen Tag länger in der netten Herberge zu bleiben. Die Nacht war sehr angenehm. Wenn man so wie ich jetzt mittlerweile 12 Nächte nur im Zelt geschlafen hat, kann man es richtig einschätzen was ein Bett, ein Stuhl und Tisch in einem warmen und trockenen Zimmer wert ist. Wie leicht geht doch zum Beispiel das Anziehen von statten. Doch meine Zufriedenheit sollte bald einen gehörigen Dämpfer bekommen. Ich nutzte den freien Tag um einige persönliche Dinge zu regeln. Hierzu zählt auch die finanzielle Situation immer wieder zu aktualisieren. Auf der Bank erfuhr ich dann das für mich Unfaßbare. In ganz Schweden wird seit dem Februar 1998 weder der Euroscheck noch die Scheckkarte akzeptiert. Was nun? Zumal ich doch in Kumla anstandslos Geld bekommen habe. Da plant man ein ganzes Jahr und dann dieses. Keiner hat mir davon in Deutschland etwas gesagt, obwohl alle Banken informiert worden sind. Meine Fahrt zum Nordkap sollte hier doch wohl nicht schon enden? Völlig frustriert und deprimiert ging ich erst einmal zur Jugendherberge zurück. An einer Stadtbesichtigung, wie ursprünglich geplant war ich nicht mehr interessiert. Hier erzählte ich einem Deutsch - Italiener von der Sache. Der stutzte, hatte er doch ein Tag zuvor mit der gleichen Scheckkarte anstandslos Geld bekommen. Ungläubig aber auch sehr hoffnungsvoll ließ ich mir die Bank zeigen und siehe da auch ich bekam hier mein Geld. Es gab nämlich noch eine dritte Bank in Rättvik, die sich diesem Boykott noch nicht angeschlossen hatte. Unverständlich für mich war natürlich, daß die anderen Banken mir dieses nicht gesagt haben. Vorgewarnt, holte ich mir abends noch den für den gesamten Aufenthalt geschätzten Betrag.

 

15. Tag

9. Juni 1998 Rättvik - Los 126 Km

Ausgeschlafen und wieder voller Zuversicht startete ich nach einem kräftigen Frühstück Richtung Los. Es ging über die 301 und anschließend auf die 296. Das Wetter hatte sich wieder aufgeklärt. Die Landschaft die ich durchfuhr war wieder einmal herrlich. Es war aber auch die bisher einsamste Strecke. Wald, Wald und immer nur Wald. Am Abend erreichte ich den Campingplatz. Ich war ganz allein auf dem Platz. Die Rezeption hatte schon geschlossen. Das Servicehaus war aber trotzdem voll im Betrieb. Küche, Dusche usw. war alles beheizt, so daß ich mich gut regenerieren konnte.  

 

16. Tag

10. Juni 1998 Los - Rätansbyn 112 Km

Durch ein mir zunächst unbekanntes Geräusch wurde ich früh morgens geweckt. Es war, wie sich schnell herausstellte, ein Kranichpaar auf dem See, das diesen herrlichen Morgen auf seine Weise begrüßte. Da ich nun einmal wach war fing ich gleich mit dem üblichen an: duschen, frühstücken und packen. Danach ging es weiter auf der 296 die später zur B45 wurde. Wieder umgab mich für eine längere Zeit die Einsamkeit. Wälder und Seen lösten sich in steter Regelmäßigkeit ab. Mittags der erste größere Ort, wo ich mal wieder das wohlschmeckende Bauernfrühstück zu mir nahm. Auf dem Campingplatz angekommen, das gleiche Bild wie am Vortage. Wieder war ich ganz allein auf dem Platz. Das Servicehaus war aber auch hier voll im Betrieb. Spät abends kam noch ein deutsches Ehepaar mit dem ich mich noch eine längere Zeit, bei echtem deutschen Bier, unterhalten habe. Endlich mal wieder eine längere Unterhaltung in deutscher Sprache. Hier in dieser Gegend Schwedens gibt es auch keine deutschen Zeitungen. Über die Ereignisse in Deutschland wurde ich durch meine Frau, die mich täglich über Handy anrief, informiert. Das Handynetz in Schweden ist gut ausgebaut. Ich war immer und überall erreichbar. Selbst die Schulkinder tragen schon ihr Handy am Gürtel. 

 

17. Tag

11. Juni 1998 Rätansbyn - Östersund 110 Km

Diese Fahrt führte mich zu meinem ersten großen Etappenziel, Östersund, die letzte größere Stadt auf meinem Weg zum Nordkap. Die Fahrt verlief ohne besondere Ereignisse. Das Wetter war gut. Abends erreichte ich den Campingplatz. Es war ein großer und weitläufiger Platz. Hier kaufte ich mir auf Anraten eines Schweden noch einen zweiten Ersatzreifen um das Einsame und sehr dünn besiedelte Nordschweden zu erradeln. Ab jetzt gilt es auch mehr denn je, das jede Tagesetappe genau geplant und eingeteilt werden muß. Die Distanzen zwischen den Ortschaften wurden immer größer. Eine Tagesetappe von mehr als 130 Km sollte aber schon die Ausnahme sein. 

 

18. Tag

12. Juni 1998 Östersund - Strömsund 105 Km

Ab heute fahre ich nicht mehr alleine. Ich habe einen Deutschen aus Delmenhorst kennen gelernt, der das gleiche Ziel wie ich hatte. Jürgen ist ein Jahr älter als ich. Mit Östersund verließen wir die letzte Bastion der Zivilisation. Man merkt es auch schon am Straßenverkehr. Die Straßen werden immer leerer. Bei herrlichem Wetter erreichten wir unser Tagesziel Strömsund. Übernachtet haben wir auf einem sehr komfortablen Campingplatz. Entsprechend waren aber auch die Preise. Abends trafen wir noch ein deutsches Ehepaar. Beide waren Rentner und befuhren mit ihrem Wohnmobil ganz Skandinavien. Von unserem Plan waren sie sehr angetan.